Jeder verrot Jeden - Hoberfeldtreib'n

Eine Groteske über das Haberfeldtreiben von Georg Maier

Es geht um den auf Oberbayern beschränkten alten Brauch des Haberfeldtreibens, eine Art öffentliches Femegericht in Form einer organisierten Volksrüge. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der "Habererbund" mit seinen nicht gesetzlichen Umtrieben verboten.
Dieser Stoff eignet sich mit den Themen Liebe, Eifersucht, Macht, Geld und Intrigen hervorragend für ein spannendes Theaterstück.

Geschickt, und auf mehreren Ebenen, wurde mit diesen Zutaten eine dramatische und witzig-heitere Handlung gestrickt. So bekommt selbstverständlich der bereits angegraute, aber g´wappelte Rosserer die junge, resche Meisi, nachdem sich ihr Tschamsterer mit einer anderen davongemacht hat. Wir erleben, wie sich Meisi aus ihrer Not und Schwangerschaft in eine sichere Zukunft rettet.

Ihr Vater, der Haberermeister mit seiner Doppelmoral, muß schließlich vor dem Staatsanwalt fliehen und der Dorfpolizist reagiert mit totalem Gedächtnisausfall, weil er damit die ersehnte Beförderung auf einen attraktiven Posten im Polizeipräsidium in der Stadt erhält. Dem Publikum kommen aber keineswegs die Tränen, wenn am Ende alle als betrogene Betrüger dastehen.

Personen

Balthasar Schnappauf, "Bräu-Wirt" und "Haberermeister" Hans Höcherl
"Meisi" Schnappauf, seine Tochter Marion Raith
Toni Hatzl, "Tschamsterer" von "Meisi" Florian Kiesl
Sixtus Dipfelberger, Dorfgendarm Säp Kiesl
Rosserer, Viehhandler Stephan Obermeier
   
Spielleitung Kurt Laumer & Rita Reiser
Maske Rita Raith
Technik Hermann Valta & Karl Vogl
Bühnenbild Otto Raith, Heinz Schlecht,
Manfred Schnitzbauer & Max Wanninger

Zum Stück

Die Geschichte rund um das „Haberfeldtreiben“, die sich um 1890 in einer Wirtstube bzw. einem Dorf in Oberbayern abspielt, stammt aus dem breiten Repertoire des bekannten Autors, Regisseurs und Schauspielers Georg Maier. Damit die rund 300 Premierengäste vorweg ein wenig über den Hintergrund des aus dem Oberbayerischen stammenden, spektakulären Brauchs informiert waren, zogen die Darsteller zum Auftakt „als „Haberfeldtreiber“ vor der Bühne auf – mit verrußten, bärtigen Gesichtern und mit Ratschen sowie Glocken einen Höllenlärm machend.

„Hätt’s es g’wußt …, dass“, so die Fragen in die Zuschauerreihen und weil sie es „ned g’wußt hätt’n“ gab es natürlich auch gleich die Antworten dazu. Beim Haberfeldtreiben wird ein nächtliches Feldgericht in der Nähe einer öffentlich zu rügenden Person abgehalten. Der Haberfeldmeister trägt dabei im Fackelschein die Untaten der Person in Versform vor, die in dunkle Gewänder gehüllten Haberer erwidern bei Zustimmung mit ohrenbetäubendem Lärm. Eine Art öffentliches Femegericht in Form einer organisierten Volksrüge. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der "Habererbund" mit seinen nicht gesetzlichen Umtrieben verboten und von der „Obrigkeit“ strengstens verfolgt.

Die Groteske „Jeder verrot Jeden“ eignet sich mit den Themen Liebe, Eifersucht, Macht, Geld und Intrigen hervorragend für ein spannendes Theaterstück. Geschickt, und auf mehreren Ebenen, wurde mit diesen Zutaten eine dramatische und witzig-heitere Handlung gestrickt. So bekommt der bereits angegraute, aber g’wappelte Viehhändler „Rosserer“ (Stephan Obermeier) am Ende die junge, resche „Meisi“ (Marion Raith), nachdem sich ihr Tschamsterer „Toni“ (Florian Kiesl) mit einer anderen (aus dem Publikum!) davongemacht hat. In ihrer Not und Schwangerschaft rettet sich Meisi lieber in eine sichere Zukunft. Ihr Vater „Balthasar Schnappauf“, Wirt und „Haberermeister“ (Hans Höcherl), der sich mit seiner Doppelmoral selbst belügt, muss schließlich vor der Obrigkeit fliehen und der Dorfgendarm „Sixtus Dipfelberger“ (Säp Kiesl) reagiert mit totalem Gedächtnisausfall, weil er damit die ersehnte Beförderung auf einen attraktiven Posten im Polizeipräsidium in der Stadt erhält. Dem Publikum kommen aber keineswegs die Tränen, wenn am Ende alle als betrogene Betrüger dastehen. Wie die Faust aufs Auge passt da der Schlusssatz des Stücks: „G’wieß is‘ bloß…, das nix’n ned g’wieß is‘…, aber manchmoi is‘ sogar des ned g’wieß…!“

Krachert und derb, herzhaft und witzig, hart und innig, laut und gschert geht es durch das Stück. Einfach ein Genuss das Bayrisch wie es blumiger und treffender kaum sein kann, mit urbayerischen Ausdrücken, Redewendungen und längst nicht mehr gebräuchlichen, aber dennoch meist bekannten Begriffen. Nur ein paar Kostproben: Gigg (zweirädrige, offene Kutsche), Pousagerl, G’wappelter, Solcherne und Selchterne, aufmäulig, Vodern, Gichtfraßerl, akademischer Ramasuri, Dorfboder, Sparifankerl, Glupperl, Unbill, nix’n ned, Oider (Alter), Herzkaschperl, Suppenschlauch, Maleviz, Stodtfracken, Meinigung, froaseln, G’schpasetl, Ruag, Spuiwies’erl, hoamle, Zeislerwogn, Oberschlaucherl, Gaggerl, Feitl (Messer), nass g’fuadert, Dochkammerl, Innwendiger-Wehdam.

Die Groteske „Haberfeldtreiben“ trifft einmal mehr genau den Geschmack des Publikums, das nach dem Schlussvorhang die Darbietungen der Schorndorfer Laiendarsteller durch einen lang anhaltenden Applaus belohnte. In Neuhaus gelingt es auf ganze besondere Art und Weise, das Volkstheater mit tollen Charakterdarstellern und die herrliche Naturbühne in Einklang zu bringen. Ein Besuch auf dem Burgberg wirkt wie eine Frischzellenkur für Augen, Ohren und Seele. Und das nicht nur wegen des Theaters, sondern auch begründet durch das bezaubernde und malerische Ambiente und einer vorzüglichen Bewirtung mit Speisen und Getränken.

Fotos von der Premiere 2013

 

(Texte und Bilder, Leo Schmidbauer)

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