Sepp Raith & Otto Göttler "Aufbegehren führt zu Kopfverlust"

Sepp Raith & Otto Göttler "Aufbegehren führt zu Kopfverlust"

Nach 1997 und 1998 wiederholte die Laienbühne Schorndorf in diesem Sommer beim "Theater auf der Burg" achtmal die Posse von Georg Maier mit dem Titel "Zuagricht...Hergricht...Higricht", die das Auflehnen des Müllers-Sohn Mathias Kneißl gegen die Obrigkeit zum Inhalt hat. Da war es schon beinahe verpflichtend, dass das Duo Sepp Raith/Otto Göttler mit ihrem literarisch-musikalischen Abend über das Leben und Sterben des Mathias Kneißl zum Gastspiel nach Neuhaus kam.

Die Musiker und Mundartpoeten bereiteten den knapp 300 Zuschauern auf der Burg Neuhaus einen wunderbaren Abend. Es war einfach perfekt, dieser Wechsel von historischer Erzählung und musikalischer Beleuchtung, Kommentierung und Ergänzung. Mit einem bunt gemischten Instrumentarium werden die Stationen und Stimmungen im Leben und Sterben des Mathias Kneißl eingefangen. Ob mit temperamentvollem Zweigesang, mit Gitarre, Zither, Diatonischer oder eigenwilligen Kombinationen unter Einbindung von Teufelsgeige und Bachtrompete wie beim "Bürger nach Maß". Das Duo erzählt die Biographie anhand von Legenden und Zitaten aus Originaldokumenten, umschmückt das Erzählte mit traditionellen und ordentlich Nostalgie verbreitenden Volks- und Wildschützliedern, aber auch mit selbst gedichteter Querkopfpoesie. Als Raith höchst amüsant seine keltische "Kurzhalstheorie" aufzeigte, war dem Publikum auch ohne Namens-Nennung sofort klar, an welche verstorbene bayerische Politgröße er damit erinnerte. Dazwischen gab es immer wieder Wortspiele wie "eher geht eine Camel durch ein Nadelöhr als eine Reemtsma in den Himmel".

Raith und Göttler stellen in ihrem Programm heraus, dass es sich bei Kneißl nicht um einen Verbrecher aus Habgier gehandelt hat, sondern vielmehr um ein tragisches Gesellschaftsopfer - und die gibt es auch heute noch zur Genüge. Scheinheilige Prinzipiendünkelei und gnadenlose Vorurteile trieben den leidenschaftlichen Musikanten und Tänzer Mathias Kneißl in den asozialen Randbereich. Die ersten Probleme und ersten drei Tage Haft fingen mit dem Pfarrer an, weil Kneißl die Sonntagsschule schwänzte. Auch der Lehrer hatte den noch jungen Kneißl mit Eintragungen ins Klassenbuch wie "junge Musikanten werden einmal alte Bettler" oder "eine Zuchthauspflanzen" vorzeitig in die "gesellschaftliche Schublade gesteckt". Der Vater tot, die Mutter im Gefängnis - schon in frühen Jahren sind die fünf Kneißl-Kinder (das kleinste war erst ein Jahr alt) in ihrer abgelegenen "Schachermühle" alleine auf sich gestellt. Obwohl nur sein älterer Bruder (mit 16 Jahren) auf zwei Polizisten geschossen hat, muss auch der zwei Jahre jüngere Mathias (mit 14!) für sieben Jahre ins Crailsheimer Zuchthaus. Das Schreinerhandwerk, das Kneißl im Gefängnis erlernt hat, kann er später nirgends lange ausüben - überall wird der ehemalige Zuchthäusler wieder vertrieben. So blieb ihm nichts mehr andere übrig als mit dem Drilling bewaffnet durch dunkle Wälder und die eigene Verbrecherlegende zu ziehen. Das Ende ist bekannt: Verrat, schießwütiges Gemetzel mit 150 Gendarmen (do hams na "zuagricht"), mehrmonatige Genesung im Münchner Krankenhaus (do hams na wieder "hergricht") und schließlich der Tod unter dem Fallbeil in Augsburg (do hams na "higricht").
(Quelle: Redaktionsbüro Schmidbauer, Schorndorf)

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